Muldebrücke bei Wurzen

Der ca. 500 m langen Muldebrücke bei Wurzen gelingt es wie selbstverständlich, das flache Muldetal zu queren, ohne die Landschaft zu dominieren – dank einer vergleichsweise kleinen Überbauhöhe trotz der großen Stützweite. Möglich macht dies der schlüssig aus dem Überbau „herauswachsende“ Zügelgurt-Fachwerkträger, der dem Bauwerk seine unverwechselbare Gestalt verleiht. Dafür wurde die Idee des im 19. Jahrhunderts gebräuchlichen Zügelgurt-Stahlfachwerks mit modernen Bautechniken weiterentwickelt:

Das Bauwerk besteht aus einer 210 m langen Flussbrücke und einem 300 m langen Vorlandbereich. Die Flussbrücke ist ein Verbundtragwerk, geprägt durch den mittig angeordneten Zügelgurt-Fachwerkträger. Aus der ortsnahen Lage des Bauwerks im Zuge der Bundesstraße B 6 bei Wurzen ergab sich zwangsläufig eine vergleichsweise flache Gradiente. Andererseits erforderte der Hochwasserschutz eine relativ große Stützweite von 100 m, um das Flussbett von Stützen freizuhalten. Durch die ausgeführte Brückenkonstruktion mit einer Bauhöhe von nur 2,50 m unter der Fahrbahn gelang es, diese Funktionen optimal zu erfüllen.

Das konsequent durchkonstruierte Zügelgurtfachwerk verdeutlicht dabei sehr gut den Kraftfluss. Die gewählte Mittelträgerbauweise ist der klassischen beidseitigen Anordnung von Tragebenen überlegen, da trotz starker Krümmung und unsymmetrischem Hauptsystem ein klares Tragwerksbild entsteht. Proportionen, Formenwahl und Ordnungssysteme beeindrucken durch ihre Stimmigkeit und Durchgängigkeit, was sich z. B. auch in der gelungenen Untersicht ausdrückt.
Das Fachwerk folgt im Grundriss der Trassenkrümmung. Der hochbeanspruchte Pylon des Zügelgurtfachwerks lenkt die in Längs- und Querrichtung wirkenden Abtriebskräfte des Fachwerkobergurts in den Stahlüberbau und das Hauptlager um.

Das Haupttragwerk besteht aus drei einzelligen Stahlhohlkästen konstanter Bauhöhe mit aufliegender verdübelter Betonfahrbahnplatte. Das zur Überbrückung der Hauptöffnung notwendige Zügelgurt-Fachwerk ist in den doppelt so breiten mittleren Stahlhohlkasten eingebuden. Auch der Zügelgurt besteht aus geschlossenen geschweißten Querschnitten, so dass eine gegenüber Korrosion und Witterungseinflüssen unempfindliche und unterhaltungsfreundliche Konstruktion entsteht.

Innovativ ist die gelungene Weiterentwicklung des aus dem 19. Jahrhundert bekannten Zügelgurt-Stahlfachwerks mit modernen Bautechniken. So ersetzt heute die Stahlbetonverbundkonstruktion das klassische Stahltragwerk; moderne Feinkornbaustähle ermöglichen eine Minimierung der Blechdicken. Einmalig und innovativ ist dabei die Tragwerkslösung eines im Grundriss gekrümmten Mittelträgersystems.

Durch den beanspruchungsgemäßen Einsatz der Baustoffe Stahl und Beton in der Verbundkonstruktion und die Reduzierung auf wenige einzelne Tragglieder auch in der Fachwerkebene wird eine kostengünstige Gesamtlösung erreicht. Die klassische Vorlandbrückenlösung unterstützt die Gesamteffizienz des Bauwerks. Durch den ganzheitlichen Entwurfsansatz genügt die Brücke auch den Nachhaltigkeitskriterien Ressourcenschonung, Dauerhaftigkeit und Unterhaltungsaufwand und findet Anklang bei der Bevölkerung.