Kategorie Straßen- und Eisenbahnbrücken
Die Niederrheinbrücke bei Wesel löst eine klassische Aufgabe: die stützenfreie Überbrückung eines Stromes. Das geling der konsequent nach dem Kraftfluss gestalteten einhüftigen Schrägkabelbrücke auf sehr markante Weise. Mit ihrem 130 m hohen Pylon ist sie als neues Wahrzeichen von Wesel weithin in der flachen Landschaft sichtbar.
Der grundsätzliche Entwurfsgedanke einer hybriden Schrägkabelbrücke ist konsequent erfüllt: Eine leichte Strombrücke aus Stahl wird über ein schweres Spannbeton-Vorlandfeld als Gegengewicht zurückgehängt. Daraus ergibt sich die Kabelführung: Größere Kabelabstände im Stahlteil bedingen kleinere Abstände im Betonteil zum Verankern. Aus einer parallelen Kabelführung in Harfenform im Seitenfeld resultieren die Höhe der Pylonspitze zur Kabelverankerung und eine modifizierte Fächeranordnung der Kabel im Hauptteil.
Um eine ausreichende Quersteifigkeit zu erzielen, sind die beiden Pylonstiele in A-Form zueinander geneigt. Die Kabel sind an der Pylonspitze gut zugänglich in einem Kasten verankert, dessen Überstand von 1,50 m auf jeder Seite dem Pylonkopf jedoch etwas die Leichtigkeit nimmt.
Die Pylonstiele ruhen auf einer massiven Stützenscheibe, deren Breite sich nach unten verjüngt. Diese Form wird von den aufgelösten Pfeilern der im Taktschiebeverfahren realisierten Vorlandbrücke aufgenommen. Mit der gleichbleibenden Überbauhöhe von 3,75 m ergibt sich ein insgesamt schlankes und harmonisch wirkendes Bauwerk, dessen Hauptspannweite bei 335 m liegt.
Innovativ an dieser Brücke sind die Herstellung des Pylons im unteren Bereich aus hochfestem Beton und die erst zum zweiten Mal im deutschen Brückenbau als Schrägkabel eingesetzten Parallellitzenkabel. Diese haben einen besonders nachhaltigen, vierfachen Korrosionsschutz und erlauben den Austausch einzelner Litzen vor Ort. Beides trägt zur Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit des Bauwerks bei.
Die Niederrheinbrücke Wesel ist die richtige Lösung für diesen Ort. Hier wurde eine klassische Aufgabe planerisch optimal analysiert und konstruktiv perfekt umgesetzt – unter Einsatz innovativer Materialien und Einhaltung des Kostenrahmens. In jeder Hinsicht erschien der Jury dies einer Nominierung zum Deutschen Brückenbaupreis 2012 würdig.