Kategorie Fuß- und Radwegbrücken
Bewertung der Jury Deutscher Brückenbaupreis 2014 – Preisträger ERBA- Steg Bamberg
Für die Zeit des Neubaus der Kettenbrücke über den Main-Donau-Kanal zwischen der Gärtner- und Inselstadt des UNESCO-Weltkulturerbes der Stadt Bamberg war eine Behelfsbrücke für Fußgänger und Radfahrer zu errichten. Als zweijährige Interimslösung war im Jahr 2006 eine einfache stählerne Fachwerkkonstruktion vorgesehen.
2002 hatte die Stadt Bamberg den Zuschlag erhalten, die bayerische Landesgartenschau 2012 auszurichten. Dies sah man als Chance, das zwischen Regnitz und Main-Donau-Kanal brach liegende Gelände der ERBA (Erlanger-Bamberger Baumwollspinnerei und Weberei) mit der Landesgartenschau auf der Erba-Halbinsel im Norden Bambergs wieder zu beleben. Hierfür machte sich ein Haupterschließungssteg für Fußgänger und Radfahrer über einen zu einem Fischpass auszubauenden Altarm der Regnitz erforderlich. Damit sollten die Landesgartenschau und die künftigen universitären Einrichtungen und Wohnbauten auf der Erba-Halbinsel an das Uferwegenetz der Altstadt angebunden werden.
Aus diesen zwei Aufgabenstellungen erwuchs der Gedanke, trotz der unterschiedlichen Anforderungen an die beiden Brückenbauwerke die Bauaufgaben mit einem einzigen Bauwerk zu realisieren. Einerseits musste das Bauwerk als Interimslösung über den Main-Donau-Kanal wegen des dort einzuhaltenden Lichtraumprofiles eine freie Stützweite von 60 m aufweisen, andererseits war in der Auenlandschaft des Fischpasses am Rande des Nordparks ein sich unaufdringlich einfügender Steg mit ca. 48 m Stützweite gefordert.
Realisiert wurden beide Bauaufgaben mit einer stählernen Kastenkonstruktion veränderlicher Bauhöhe, die in Bauwerksmitte lediglich 350 mm beträgt. Als Behelfsbrücke mit einer Stützweite von 60 m über den Main-Donau-Kanal wurde die in zwei je 30 m langen Teilen vorgefertigte Konstruktion auf der bestehenden Kettenbrücke verschweißt, mittels Zugstäben eine temporäre Unterspannung hergestellt und mit zwei 500-t-Kränen auf die vorbereiteten Hilfsstützen an den beiden Kanalmauern nördlich der Kettenbrücke eingehoben.
Nach der Verkehrsfreigabe der neuen Kettenbrücke Ende 2010 wurde die nunmehr entbehrliche Konstruktion mittig getrennt, demontiert und an den endgültigem Standort zur ERBA- Halbinsel transportiert. Der Einbau der ERBA-Brücke Bamberg erfolgte hier in exponierter Lage als Dreifeldträger (ohne Unterspannung). Die Einspannung des Überbaus in den beiden kurzen Endfeldern ermöglicht die extreme Schlankheit von l/137. Schlanker geht es nicht! Die Brücke hat mit ihrer Schlankheit neue Maßstäbe für Eleganz, Leichtigkeit und Grazilität gesetzt und war die eigentliche Attraktion der Landesgartenschau. Die Akzeptanz bei der Bevölkerung ist außerordentlich groß. Schon während der nächtlichen Montage der Brücke ließen sich zahlreiche Zuschauer trotz der vorgerückten Stunde nicht davon abhalten, den spektakulären Hubvorgang im Herzen von Bamberg mit eigenen Augen zu verfolgen.
Die Kosten von 6.500 €/m² für das Bauwerk sind im Hinblick auf die zweifache Nutzung unter völlig unterschiedlichen Randbedingungen als wirtschaftlich angemessen einzustufen.
Der ERBA-Steg Bamberg wurde für den Deutschen Brückenbaubreis nominiert, da die äußerst filigrane Konstruktion mit ihrem zweifachen Einsatz und dem damit verbundenen Wechsel des statischen Systems eine außerordentlich innovative Lösung für eine Fuß- und Radwegbrücke darstellt und zu einem Gradmesser für die Schlankheit von Brückenbauwerken geworden ist. In ihrer endgültigen Lage fügt sie sich mit ihrer eleganten Erscheinung angenehm und unaufdringlich in die Umgebung ein.